Der Straftatbestand der Unfallflucht (auch Fahrerflucht) hat das Ziel der Feststellung und Sicherung der zivilrechtlichen Ansprüche der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten. Hier dreht sich alles um die Nichteinhaltung der Wartepflicht. Allgemein bekannt ist, dass man am Unfallort eine angemessene Zeit warten muss, um Feststellungen eines eventuell erst später am Unfallort eintreffenden Geschädigten zu ermöglichen. Ein Zettel an der Windschutzscheibe reicht nicht. Wie lange muss man nun warten? Der Unfallbeteiligte braucht grundsätzlich nur so lange zu warten, wie mit dem alsbaldigen Eintreffen feststellungsbereiter Personen an der Unfallstelle zu rechnen ist. Teilweise wird in der Rechtsprechung eine Wartepflicht verneint, wenn der Unfallbeteiligte sich über Art und Umfang des Schadens vergewissert hat und nach den Umständen das Auftauchen feststellungsbereiter Personen nicht zu erwarten ist. Danach ist aber der Gang zur Polizei Pflicht. Verlangt der Unfallbeteiligte die Aufnahme des Unfalls durch die Polizei, obwohl die erforderlichen Feststellungen schon getroffen wurde (z. B. wurden schon Personalien ausgetauscht), muss der Unfallbeteiligte dem Wunsch auf Hinzuziehung der Polizei trotzdem Folge leisten. Das gilt sogar dann, wenn dadurch eine andere Straftat des Unfallbeteiligten aufgedeckt werden würde. Der Unfallbeteiligte darf sich also nach Feststellung seiner Personalien nicht einfach entfernen, um einer Blutprobe zu entgehen.
Der Unfallbeteiligte wird grundsätzlich nicht straffrei, wenn er nachträglich unverzügliche Feststellungen ermöglicht, also erst nach Hause fährt und dann zur Polizei. Für die Verteidigung ist jedoch wichtig, dass der Verkehrsanwalt an dieser Stelle auf das Absehen von der Strafe oder auf Strafmilderung hinwirken muss.
Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, ist in der Regel ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn er weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sache bedeutender Schaden entstanden ist. Gerade für Taxifahrer ist der Entzug der Fahrerlaubnis mehr gefürchtet als die eigentliche Strafe. Hier ist der Verteidiger mehr denn je gefragt. Bisher bestand die Ansicht, dass bei Bagatellschäden eine Wartepflicht entfällt. Die Grenze liegt heute bei ca. 50 €. Wichtig für die Verteidigung ist jedoch, dass bei nur geringen Schäden Zweifel am Vorsatz bestehen können, sprich: Hier sollte vorgetragen werden, dass der Schaden gar nicht erkennbar, somit auch bemerkbar war.
Ein bedeutender Schaden, der den Entzug der Fahrerlaubnis praktisch „zur Pflicht” macht, liegt heute bei ca. 1.000 €. Ist der Schaden dennoch höher, hat sich in meiner Praxis der Hinweis auf die allgemeine Preissteigerung gewährt, da die Rechtsprechung zur Schadenhöhe teilweise noch aus DM-Zeiten stammt.
Hier wird es unübersichtlich. Von Belang sind grundsätzlich alle Schäden, also nicht nur die am Kfz des anderen Unfallbeteiligten, sondern auch die an Straßenschildern, Laternen usw. Der Schaden an mehreren Sachen wird zusammengezählt. Der Schaden am Fahrzeug des flüchtenden Täters wird nicht berücksichtigt. Etwas anderes gilt allerdings, wenn das Täterfahrzeug geleast ist. Hier ist entscheidend, wer nach dem Leasingvertrag das Risiko der Schädigung des Pkw trägt.
Die Frage der Schadenhöhe entscheidet über das Schicksal der Fahrerlaubnis. Hier muss der Verteidiger tätig werden. So kann es z.B. für den Mandanten günstig sein, wenn die den Unfall aufnehmenden Polizisten den Schaden zunächst niedriger geschätzt haben, als er später durch einen Sachverständigen geschätzt oder festgestellt worden ist. Dann kann nämlich wie folgt argumentiert werden: Wenn sich schon die erfahrenen Polizisten bei der Feststellung der Schadenshöhe verschätzen, wird der unerfahrene Mandant die tatsächliche Schadenhöhe kaum zutreffend beurteilen können. Auch wird der Mandant kaum richtig beurteilen können, ob „Abzüge neu für alt” zu machen sind und ob es sich ggf. um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelt, so dass es nicht auf die Reparaturkosten, sondern auf den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes ankommt.
Grundsätzlich ist bei Unfallflucht von einer Nichteignung des Kraftfahrers auszugehen, daher auch der Entzug der Fahrerlaubnis. Anderes als bei Alkoholstraftaten muss es aber nicht zwingend zu einer Entziehung kommen. Hiergegen kann sprechen, wenn sich der Fahrer kurzfristig nach der Tat gemeldet oder sich freiwillig zur Polizei begeben hat. Dies insbesondere dann, wenn sich die Beweissituation für den Geschädigten dadurch bedeutend gebessert haben, weil vorher keine Zeugen vorhanden waren. Maßgeblich kann auch der Umstand sein, dass der Schaden bereits von der Versicherung reguliert wurde.
Bereits beim Erhalt des Anhörungsbogens sollten Sie sich in die Hände eines spezialisierten Anwaltes begeben. Oft fühlt man sich unter Druck gesetzt, weil die Polizei dem Beschuldigten eine Frist von einer Woche zum Ausfüllen des Anhörungsbogens gibt. Denken Sie aber daran, dass bereits beim Ausfüllen die schwersten Fehler gemacht werden, die oft später nicht mehr korrigiert werden können. Ich rate grundsätzlich, zunächst gar keine Angaben zur Tat zu machen. Vielmehr warte ich die Ermittlungsakte ab und bespreche dann die weitere Vorgehensweise mit dem Mandanten.
Man kann noch so besonnen fahren, die Gefahr von einem Strafverfahren überzogen zu werden, gehört heute praktisch zum Berufsrisiko. Ich denke hierbei gar nicht an die wirklich „unanständigen” Delikte des Verkehrsstrafrechts, namentlich Trunkenheitsfahrten. Gemeint sind vielmehr Straftaten, in die man ohne böse Absicht „hineinschliddert”. Typische Fälle sind Unfallflucht und Nötigung im Straßenverkehr. Einmal etwas forsch die Spur gewechselt, schon fühlt sich ein rechthaberischer Verkehrsteilnehmer genötigt.
Sie haben beim Rückwärtsfahren unbeabsichtigt ein anderes Fahrzeug beschädigt. Diese Dinge passieren. Sie sind im Stress, der Straßenlärm ist ohrenbetäubend, Sie selber haben das Missgeschick nicht wahrgenommen. Zeugen, die den Vorfall beobachtet haben, sehen das anders. Bei der Polizei geben sie zu Protokoll, dass der Taxifahrer „fluchtartig den Tatort verlassen hat”. Und schon setzt sich die Gesetzesmühle in Bewegung, es flattert ein Anhörungsbogen ins Haus.
Füllen Sie den Anhörungsbogen niemals selber aus. Hier werden die größten Fehler gemacht. Denken Sie daran, es geht um Ihren Führerschein. Jetzt ist anwaltliche Hilfe gefragt, mag der Vorwurf aus Ihrer Sicht auch noch so haltlos sein. Für den Anwalt gilt: Vor Akteneinsicht wird keine Einlassung zur Sache abgegeben, wer sich hier schon umfangreich erklärt, begeht einen anwaltlichen Kunstfehler.
Sie mögen aus Ihrer Sicht noch so unschuldig sein, versteifen Sie sich nicht auf einen Freispruch. Die Einstellung des Verfahrens ist eine geräuschlose Alternative und kann im Einzelfall Ihre Nerven schonen.
Die Beendigung eines Strafverfahrens durch eine Einstellung des Verfahrens bereits im Ermittlungsverfahren ist der Königsweg für den Strafverteidiger. Hierbei wird auf Vorschlag der Staatsanwalt das Verfahren eingestellt, entweder mit oder ohne Geldauflage. Im Falle der Geldauflage wird nach Zahlung die Akte ohne weitere rechtliche Auswirkungen geschlossen. Die Einstellung hat zahlreiche Vorteile:
kann jedoch im Einzelfall sein, dass die Einstellung immer noch eine gewisse Außenwirkung auf zivilrechtliche Verfahren hat. So führt die Einstellung eines Verfahrens mit Geldauflage wegen Unfallflucht in der Regel dazu, dass die Haftpflichtversicherung versucht, Regress beim Verursacher des Unfalls zu nehmen. Hier sollte man „die Flinte aber nicht zu früh ins Korn werfen”: Die Haftpflichtversicherung muss im Zivilprozess beweisen, dass der Fahrer vorsätzlich den Unfallort verlassen hat.
Der Verteidiger hat keinen Anspruch auf Einstellung. Er hat daher nur die Möglichkeit, die Einstellung des Verfahrens anzuregen. Er sollte Kontakt mit der Staatsanwaltschaft aufnehmen, um die Möglichkeit einer Einstellung (ob überhaupt und wenn ja, zu welchen Bedingungen) zu klären. Bei diesem Gespräch besteht die Kunst des Verteidigers darin, sein Verhandlungsgeschick so einzusetzen, dass er nicht zu kompromissbereit, aber auch nicht zu fordernd auftritt.
Bei der Einstellung wegen Geringfügigkeit muss die Schuld des Täters gering anzusehen sein, ferner muss es am öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung fehlen. In der Regel wird das Verfahren ohne Geldauflage eingestellt. Bei der Einstellung gegen Geldauflage müssen hingegen bestimmte Auflagen und Weisungen erfüllt werden, um das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen. In der Praxis ist die Einstellung gegen Geldauflage der üblichere Weg. Vorteilhaft ist, dass weder eine Entziehung der Fahrerlaubnis, noch ein Fahrverbot angeordnet werden darf. Nach Erfüllung der Auflagen wird in Verkehrsstrafsachen in der Regel das Verfahren nach endgültiger Erfüllung der Auflagen nicht mehr aufgenommen.
In verkehrsrechtlichen Strafverfahren ist eine sachgerechte Verteidigung ohne Hilfe eines Fachanwaltes für Verkehrsrecht kaum möglich.
Wenn der strafrechtliche Vorwurf im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, ob wegen Unfallflucht, fahrlässiger Tötung oder Körperverletzung, erhoben wird, hat die Verteidigung erhebliche Auswirkungen auf Fragen der Haftung sowie auf versicherungsrechtliche Folgen. Deshalb ist es wichtig, sich bereits vor der Stellungnahme zum Tatvorwurf den Rat eines Fachanwaltes zu holen. Denn ein erfahrener Fachanwalt übernimmt die Korrespondenz mit allen Verfahrensbeteiligten und die sachliche Darstellung der Situation für Sie.
Unterschätzen Sie nicht die psychische Belastung eines Strafverfahrens. Oft wird nach einer begangenen Unfallflucht oder einer fahrlässigen Tötung die Sorge über den Ausgang des Strafverfahrens durch juristische Laien noch geschürt. Lassen Sie sich also nicht verunsichern und ziehen Sie bei einem anstehenden Strafverfahren einen Fachanwalt für Verkehrsrecht hinzu. Aufgrund der Vielzahl vergleichbarer Fälle können wir Ihnen eine realistische Einschätzung über den Verfahrensausgang geben. Das hilft einen kühlen Kopf zu bewahren, um mit den sonstigen Verfahrensbeteiligten auf Augenhöhe zu verhandeln.
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4.970 Menschen haben im Jahr 2007 ihr Leben auf Deutschlands Straßen verloren. Dank der verbesserten Schutzvorrichtungen im Fahrzeug ist die Tendenz rückläufig.
Für jeden Menschen ist der Gedanke ein Albtraum, unbeabsichtigt den Tod eines anderen Menschen verursacht zu haben. Oft leidet der „Täter“ ein Leben lang unter den Folgen seiner Tat.
Der Gesetzgeber sieht Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren vor. Bei Verkehrsvergehen mit tödlichen Unfallfolgen, die auf Trunkenheit zurückzuführen sind, bleibt regelmäßig kein Raum mehr für eine Freiheitsstrafe auf Bewährung. Hier ist die Gefängnisstrafe kaum zu vermeiden, insbesondere bei einem BAK Wert von über 1,43 o/oo.
Die Strafbarkeit der fahrlässigen Tötung verlangt zunächst eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung, regelmäßig eine Verletzung der Vorschriften der StVO oder der StVZO. Diese einzuhaltenden Sorgfaltsanforderungen werden durch den sog. „Vertrauensgrundsatz“ begrenzt: Wer selbst die gebotene Sorgfalt anwendet, darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich seine Mitmenschen ebenfalls sorgfaltsgerecht verhalten. Der Vertrauensgrundsatz wird allerdings durch die Vorschrift des § 3 Abs. 2 a StVO bei Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen eingeschränkt.
„Unzulässiges“ Vertrauen im Straßenverkehr – Einzellfälle: In bestimmten Verkehrssituationen darf der Kraftfahrer nicht darauf vertrauen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer ebenfalls verkehrsgerecht verhalten. Dies gilt bei Radwegen, hier muss damit gerechnet werden, dass aus beiden Richtungen Radfahrer kommen können. Er muss mit plötzlich auftauchenden Fußgängern auf Zebrastreifen rechnen, ferner muss er damit rechnen, das Radfahrer oft die Fahrtrichtungsanzeige übersehen.
Dreh- und Angelpunkt im Rahmen der Prüfung der Strafbarkeit der fahrlässigen Tötung ist der sog. „Pflichtwidrigkeitszusammenhang“. Dabei geht es um die Frage, ob das tödliche Ereignis gerade durch das fahrlässige Verhalten verursacht worden ist. Wäre nämlich der Tod auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten, fehlt es an der Strafbarkeit.
Für die Verteidigung ist gerade bei fahrlässiger Tötung das Aussageverhalten des Täters nach dem Unfall von Bedeutung. Als Grundsatz gilt, dass gegenüber Dritten, insbesondere der Polizei keine Erklärungen zu den Umständen der Tat abgegeben werden dürfen. Der Täter ist aufgrund der Schocksituation oft geneigt, aus seiner Sicht entschuldigende Umstände vorzutragen, die später gegen ihn verwertet werden können. Sinnvoll ist bereits an dieser Stelle, den Mund zu halten und sich umgehend an einen Anwalt zu wenden.
Die Verteidigung bei fahrlässigen Tötungsdelikten sollte möglichst durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht oder einen Fachanwalt für Strafrecht erfolgen. Da der Akteninhalt oft hunderte bis tausend Seiten umfasst, muss der eingeschaltete Rechtsanwalt das Mandat als Chefsache betrachten. Aus meiner Sicht macht sich die Bearbeitung im Zweiergespann bezahlt, also unter Hinzuziehung eines weiteren erfahrenen Berufskollegen der Kanzlei. Denken Sie daran: Der Strafprozess ist umfangreich und kann täglich mehrere Stunden dauern. Die Verteidigung durch zwei Kollegen schafft eine Entlastung, zumal die Möglichkeit besteht, sich bei Rechtsfragen auszutauschen.
Die Honorarfrage muss offen angesprochen werden. Hilfreich ist eine Verkehrsrechtsschutzversicherung, die u. a. auch notwendige Sachverständigenkosten übernimmt. Wenngleich die Rechtsanwaltsgebühren zu den gesetzlichen Vergütungssätzen von der Rechtsschutzversicherung bezahlt werden, wird der spezialisierte Rechtsanwalt die Verteidigung regelmäßig vom Abschluss einer Zusatzhonorarvereinbarung abhängig machen. Dies ist nach meiner Kenntnis am Markt die Regel.