Milliardengewinne der Versicherungskonzerne! Kehrseite der Medaille: Jedem dritten Versicherungsmitarbeiter droht die Kündigung. Traurig, aber was hat das mit mir zu tun, fragen Sie sich. Sie werden Ihr Blaues Wunder erleben, wenn’s mal wieder kracht.

Als „lästiger Anspruchssteller“ müssen Sie sich an die Versicherung des Unfallgegners wenden. Dort herrscht Personalmangel. Starke Nerven für das wochenlange Warten wünsche ich Ihnen! Namhafte Versicherungen gehen neuerdings nicht mehr ans Telefon, die Mitarbeiter dort lassen es einfach klingeln und schalten auf „Durchzug“.

Glück hat man, wenn mal vormittags das Telefon abgehoben wird. Auf unsere Beschwerde, dass wir täglich anrufen und keiner abnahm, entgegnete uns der Sachbearbeiter: „Rufen Sie zwischen zehn und zwölf Uhr an, dann gehen wir ans Telefon“. Danke für die Auskunft!

Was hat sich geändert? Der Preiskampf auf dem Versicherungsmarkt geht zunehmend zu Lasten des geschädigten Autofahrers. Eine Versicherung versucht mit noch billigeren Prämien die Kunden der anderen Versicherung geradezu „abzujagen“. Gespart wird am Service und in der internen Verwaltung. Mitarbeiter werden entlassen und die Aktenberge auf die verbleibenden Mitarbeiter verteilt. Die vollkommen überarbeiteten Bearbeiter wissen nicht wo ihnen der Kopf steht und stecken den Kopf in den Sand.

Die schleppende Regulierung sprudelt das Geld damit indirekt in die Kassen der Konzerne, denn durch den gewonnenen Zinsvorteil entstehen Mehreinnahmen in Millionenhöhe. Zunehmend werden Unfälle über das Gericht geklärt. Auffallend ist, dass in unserer Praxis zunehmend auch vollkommen klare Unfälle beim Richter landen.

Eine Frist von 14 Tagen muss für eine Versicherung ausreichen, bei eindeutigem Sachverhalt einen Schaden zu regulieren. Dies folgt aus einem Urteil des Amtsgerichts Erlangen, das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV kürzlich veröffentlichte:

Im zu Grunde liegenden Fall ging es um Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall mit eindeutig geklärter Schuldfrage. Der Geschädigte setzte durch seinen Anwalt der Versicherung des Gegners eine Frist von zwei Wochen, um den Schaden zu regulieren. Der Versicherer reagierte innerhalb der Frist überhaupt nicht und überwies neun Tage nach Fristablauf einen Betrag, der unter der geforderten Summe lag. Mittlerweilehatte der Geschädigte jedoch schon Klage erhoben. Dies geschah zu Recht, urteilte das Amtsgericht in dem Rechtsstreit um die Kosten. Die gesetzte Frist sei – trotz Urlaubszeit – nichtunverhältnismäßig gewesen. Der Versicherung sei vorzuwerfen, dass sie innerhalb der gesetzten Frist nicht reagiert und zumindest eine Eingangsbestätigung übersandt habe. Falls nötig, hätte sie auch um eine Fristverlängerung bitten können. Da beides nicht geschehen sei, habe der Geschädigte davon ausgehen können, dass er ohne Klage nicht zu seinem Recht komme. Die Mehrkosten des Verfahrens wurden insoweit der Versicherung auferlegt. Versicherung schreibt, dass alles klar ist: Teilweise kommen Geschädigte gar nicht erst auf die Idee, einen Verkehrsanwalt einzuschalten.

Typischer Fall: Wenige Tage nach dem Verkehrsunfall erhält der Geschädigte von der gegnerischen Versicherung einen freundlichen Brief mit folgendem Wortlaut: „Wir sind bereit im Rahmen unserer Eintrittspflicht den Schaden zu regulieren“. Der juristische Laie entnimmt dem Schreiben, dass die Sachlage für die Versicherung klar ist und, dass einer Zahlung nichts im Wege steht. Leider falsch gedacht. Es handelt sich um ein reines Musterschreiben ohne Festlegung zur Haftungsfrage. Die Formulierung „im Rahmen unserer Eintrittspflicht“ bedeutet vielmehr „sofern wir überhaupt haften, was wir aber noch nicht wissen, zahlen wir“. Für den Geschädigten eine fatale Situation. Er wartet und wartet, bis der Geduldsfaden reißt und er sich anwaltlicher Hilfe bedient.

Mein Tipp: Warten Sie nicht auf eine Reaktion der gegnerischen Versicherung. Erster Ansprechpartner nach dem Unfall sollte der Anwalt sein. Mögliche Ansprüche werden erst durch kompetente Rechtsvertretung sichtbar. Oder hätten Sie gewusst, dass Ihnen nach einem nichtverschuldeten Unfall mit Personenschaden zum Beispiel Haushaltsführungskosten zustehen?

Unfälle Online abwickeln: In unserer anwaltlichen Praxis werden Unfälle zunehmend online, d. h. über die Schadenschnittstelle zwischen dem Anwalt und dem Versicherungsnetz abgewickelt. Hier erfolgt die Regulierung rasch und reibungslos, denn nach den internen Dienstanweisungen zahlreicher Versicherungen werden „elektronische Schadenakten“ bevorzugt bearbeitet. Wer noch denkt, „einen Anwalt braucht man nur, wenn man sich streiten muss“, hat die Zeichen der Zeit verkannt. Schadensmanagement ist eine moderne Anwaltsdienstleistung.

Denken Sie daran: Ohne Anwalt werden Sie im täglichen Rechtsverkehr heute fast nicht mehr wahrgenommen. Einen Anwaltsbrief liest sogar die Versicherung.